jede noch so kleine Relativierung, jeder neudeutsche Whataboutism, jede Verharmlosung, jedes Fingerzeigen auf den sprichwörtlichen Dreck am Stecken anderer verbietet sich in meinen Augen zumindest solange, bis ein für alle mal klargestellt ist, dass es in diesem spezifischen Fall wirklich einmal ausnahmsweise eine sehr klare Unterscheidung zwischen "Gut" und "Böse" gibt.
Die Unterscheidung, die Klarstellung - speziell in diesem Fall - haben ich und haben andere längst getan.
Vielleicht hätte ich noch ergänzen sollen, dass es durchaus auch auf die Relation der Bestätigung und der Relativierung ankommt, wie glaubwürdig ein Statement letzten Endes wirkt. Allerdings war ich davon ausgegangen, dass dies selbstverständlich ist.
Ein "ja, X ist schlimm, ABER Y ..." kann und wird nicht ausreichen.
Und genau diesen Eindruck habe zumindest ich hier bei dem einen oder anderen Kommentar.
Vielleicht mangelt es auch auf der einen Seite an der Sensibilität, und "ihr"* haltet den Angriffskrieg schon für "ausreichend verurteilt", oder umgekehrt sind "wir"* zu empfindlich. Ganz ehrlich, keine Ahnung.
Auf meiner Seite bleibt jedenfalls ein schaler Eindruck von so manchem Beitrag hier.
* ich will hier keine Einzelpersonen herausheben, und die Grenze ist, wie so oft, nicht trennscharf; ich will auch nicht dich direkt ansprechen, denn du bist hier in meinen Augen nicht der "Übeltäter"
Du weißt doch ganz genau, daß die Forderungen, vor jedem Absatz ein "Aber ich möchte noch mal ausdrücklich betonen..." völlig unsinnig sind.
Es ist aber nicht unsinnig von jedem Autor zunächst zu verlangen, dass er sich klar bekennt.
Wer eine Seite entschuldigt, oder deren Handlungen relativiert, ohne zunächst Farbe für die andere bekannt zu haben, wird nunmal zu Recht dieser Seite "zugerechnet". Er hat dann auch kein Recht, sich darüber zu beschweren.
Und ganz ehrlich frage ich mich ohnehin, was "ihr" wollt?
Dass ihr unwidersprochen "eure" Relativierung, Whataboutism etc. loslassen könnt, ohne selbst dafür kritisiert zu werden?
Denn kein anderes Ungemach außer der Kritik droht euch hier.
In diesem Sinne, wenn ihr relativieren möchtet, nur zu, ihr werdet nicht zensiert.
Aber lebt mit der Konsequenz, dass ihr dafür kritisiert werdet.
Andere werden dafür bombardiert, dass sie zufällig in der Ukraine leben.
Und ja, das ist Whataboutism, einmal andersrum.
Erlaube mir den Hinweis, daß ich damit lediglich darauf aufmerksam machen wollte, wie toxisch die Debatte hier und in der Realität mittlerweile geworden ist.
Auch hier, erlaube du mir den Hinweis, dass ich es nicht für "toxisch" erachte, wenn man für eine Argumentation seinerseits Kritik erfährt.
Das ist doch lachhaft.
die Lügen, die zum Irak-Krieg geführt haben, [...] auf den Titelseiten (vermutlich) aller deutschen Nachrichtenmagazine.
[...]es wurde eben nicht unter den Tisch gekehrt, man hat die USA kritisiert, man hat die Fehler benannt, man hat auf die Folter aufmerksam gemacht.
selbstverständlich gab es hier bis zu Beginn des Krieges auch bei vielen Verlegern die Angst, aus der Reihe der "Anständigen" zu scheren. Man schrieb lieber nichts als Fehler zu machen. Und auch das weißt du ganz genau.
Sorry, du hast Unrecht, ich habe Recht:

Spiegel-Cover 3/2003 "Blut für Öl - Worum es im Irak wirklich geht"
Das war wohlgemerkt Wochen
vor Kriegsbeginn.
Dein Gedächtnis trügt dich vermutlich einfach.
Es gab unmittelbar nach dem 11. September eine kurze Welle der "unbedingten Solidarität", diese war allerdings schnell vom Tisch, als in Afghanistan grundlos Zivilisten bombardiert wurden und spätestens, als geopolitische Interessenpolitik mit behaupteten Massenvernichtungswaffen begründet wurde.
Spätestens der Angriff auf den Irak wurde zumindest in Europa überwiegend verurteilt, von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt, und von der Presse deutlich kritisiert.
Gab es derartige Empörungen wie jetzt? Nein.
[...]
Gab es Forderungen, Bush, Cheney, Rumsfeld, Bremer III vor den internationalen Strafgerichtshof zu stellen? Natürlich nicht!
Ja, es gab solche Empörungen, und ja, es gab die Forderung, diese Kriegsverbrecher vor den Internationalen Gerichtshof zu zerren.
Aber selbstverständlich war uns der damalige Aggressor USA damals näher als es der heutige Aggressor Russland ist.
Das bestreitet niemand.
Und genau deshalb ist es Whataboutism, auf die damalige Nicht-Verfolgung zu verweisen.
Ja, man hätte damals die USA sanktionieren sollen etc.
Nur hat man das aus Realpolitik nicht getan.
Das ändert nichts, nicht das kleinste Quäntchen daran, dass es heute gut und richtig ist, Russland zu sanktionieren.
Und ja, man hat auch oft vor dem großen mächtigen Verbündeten gekniffen, ganz genauso, wie man heute vor dem großen Gaslieferanten kneift.
Das ist die hässliche Seite der Realpolitik.
Aber bei dieser Gaspolitik hat sich all die Jahre niemand beschwert.
Und auch da frage ich mich ernsthaft, ob du Gedächtnisprobleme hast?
Warum führen wir seit Jahren und beinahe Jahrzehnten eine andauernde Debatte über unsere Abhängigkeit vom russischen Gas, einschließlich Kulmination in der Diskussion um Nordstream 2?
Das ist ein Dauerbrenner in unserer Beziehung zu Russland und u.a. ein Dauerbrenner in der Diskussion um unseren Ex-Kanzler.
"Niemand beschwert"? Quatsch mit Soße.